zeig mir deine schrift und ich sag dir, wer du bist. neuerdings erstellen selbsternannte experten nicht nur mehr anhand der kaffeetassengrösse psychologische expertisen – die wahl der typografie gilt ebenfalls als überaus aussagekräftig für die beurteilung von charakter und wesen des menschen. dabei zählen nicht schriftgrösse, schriftfarbe oder gar inhalte zu den massgeblichen analysekriterien. vielmehr ist der schrifttyp, in der fachsprache bekannt als «font», der schlüssel zur persönlichkeit. falls sie noch keinen eigenen font haben, sollten sie sich schleunigst überlegen, ob sie vielleicht der klassisch-moderne typ sind und wie der amerikanische präsidentschaftskandidat barack obama eine gotham wählen. oder verkörpern sie doch eher den herzlich-zugeneigten typ? hillary clinton ist ein solcher, wie ihr serifenlastiger schriftzug zeigt.
kein star ohne eigenen schriftsatz, kein sternchen ohne individuellen schriftzug. egal ob model, schauspieler, politikerin oder musiker. form, schliff, schnörkel und biegungen der unterschiedlichen schriften deuten an, worauf wir uns als erklärte fans oder potenzielle käufer einlassen. oder hätten sie etwa ein extravagantes parfum von einer frutiger gekauft? oder ein hardrock-album in verdana?
auch wenn zu bezweifeln ist, dass die typografie eine aussagekräftige basis für eine tiefenpsychologische charakterstudie bietet, sollte sie doch mit bedacht gewählt werden. idealerweise ist sie sowohl emotional als auch formal absolut konsistent mit der marke, die sie beschreibt – und damit bis zu einem gewissen grad auch mit dem charakter des produkts oder mit der person, die sich als solches vermarkten möchte.
die individuellen eigenschaften und persönlichkeitsmerkmale der font-protagonisten werden heute zwar nicht mehr in blei gegossen, aber immerhin schwarz auf weiss auf papier verewigt. so tragen sie massgeblich zur formung und ausgestaltung eines markenkerns bei – und damit langfristig und nachhaltig zu dessen «bewertung». da sich qualität, glaubwürdigkeit und ästhetik letztlich massgeblich auf den tatsächlichen wert der marke auswirken, überrascht der neue trend kaum. ein trend, der übrigens sogar den schriftgestaltern zu vielgestaltige ausmasse annimmt und definitiv zu bunt wird.
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